Jubiläumsrede von Margit Weiner zum 40-jährigen Bestehen des Vereins

Auf mehrfachen Wunsch wird nachfolgend das Redemanuskript von Margit Weiner (1. Vorständin Selbsthilfe bei Depressionen e.V.) zum 40-jährigen Vereinsbestehen zum Nachlesen veröffentlicht. Die Jubiläumsrede fand am 26.04.2024 während der Feierlichtkeiten im Martinushaus in Aschaffenburg statt.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Liebe Schirmherren,

Liebe Ehrengäste,

Liebe Kooperationspartner,

Liebe Vorstände, Mitglieder und Ehrenamtliche

Lieber Harald, Liebe Dagmar,

Wir feiern heute zusammen 40 Jahre Selbsthilfe bei Depressionen e. V. Aschaffenburg:

Unser Verein wurde am 09.03.1984 ins Leben gerufen…

Wie sah die Welt in den 80-er Jahren aus?

Helmut Kohl war Bundeskanzler und Ronald Reagan amerikanischer Präsident

Deutscher Meister war der VfB Stuttgart und Niki Lauda dominierte die Formel 1.

Der Liter Benzin kostete 1 Mark 34 und ein Brot 2 Mark 84.

Wir hörten Depeche Mode, George Michael und Frankie goes to Hollywood.

Der Club hieß damals Disko und wir schlugen uns die Nächte im Aladdins und Cave um die Ohren.

1986 explodierte das Atomkraftwerk Tschernobyl, für die meisten von uns ein traumatisches Ereignis…

Auch damals gab es Menschen, denen es nicht gut ging.

Die Mutter unseres Vereinsgründers Harald Diller litt schon länger an psychischen Problemen und starb schließlich im Januar 1984 unter mysteriösen Umständen.

Voller Trauer und Wut über die damaligen unzureichenden Hilfen für psychisch kranke Menschen setzte Harald eine Anklage in alle führenden Tageszeitungen und erhielt ein lawinenartiges Echo aus ganz Deutschland.

Er erkannte, dass es für Betroffene eine Plattform braucht, um sich austauschen zu können. Und so gründete sich auf seine Initiative hin vor 40 Jahren der Selbsthilfe bei Depressionen e.V.

Wir waren der erste gemeinnützige Verein dieser Art in ganz Deutschland, da die Selbsthilfe noch in den Kinderschuhen steckte.

Die ersten Jahre des Vereins waren geprägt von Raumnot und finanziellem Mangel.

Harald Diller kämpfte neben seiner eigenen beruflichen Tätigkeit ständig für die Belange des Selbsthilfevereins.

Er fand schließlich geeignete Räume und eine Sozialpädagogin zu seiner Unterstützung.

Mehrfach rettete er mit seinem großen Kämpferherzen den Verein vor dem Ruin, bis schließlich ab 2008 der Runde Tisch der Krankenkassen die Selbsthilfe finanziell unterstützte.

Nach 28 Jahren trat er vom Vorstandsposten zurück, blieb aber als Ehrenvorsitzender weiterhin im Verwaltungsrat.

Lieber Harald, ohne dich gäbe es den Verein in dieser Form nicht. Dafür sind wir Dir sehr dankbar und möchten Dir dafür eine kleine Aufmerksamkeit überreichen.

Wie sieht der Selbsthilfeverein heute aus?

In unseren 20 Gruppen unterstützen sich Menschen mit Depressionen, Ängsten, Burnout, Hochsensibilität und Zwängen gegenseitig.

Wir unterhalten 3 Gruppen für junge Erwachsene, eine Online- und eine Elterngruppe.

2 Gruppen befinden sich in Obernburg, unser Einzugsgebiet reicht vom Rodgau in Hessen bis Mainspessart.

Wir sind gut mit vielen psychosozialen Einrichtungen in der Region vernetzt, die Beratung an Infoständen und am Telefon ist uns eine Herzensangelegenheit.

Seid ein paar Jahren unterstützen uns unsere Schirmherren Frau Andrea Lindholz und Herr Prof. Dr. Dominikus Bönsch.

Lieber Prof. Dr. Bönsch, Sie halten Ihre Hand schützend über uns. Dafür sind wir Ihnen sehr dankbar.

Erlauben Sie uns, Ihnen eine kleine Aufmerksamkeit zu überreichen.

Was kann die Selbsthilfe?

Bei uns finden Seelengespräche auf Augenhöhe über die eigenen Erfahrungen statt.

Man kann so lange in einer Gruppe bleiben, wie man möchte. Es gibt Gruppen, die schon über Jahrzehnte bestehen, deren Teilnehmer zusammen altern – in guten wie in schlechten Zeiten.

Es ist auch möglich, mehrere Monate in einer Gruppe zu sitzen, ohne etwas sagen zu müssen. Das Zuhören alleine wirkt sich positiv aus.

Man erfährt Selbstwirksamkeit. Jeder/Jede hat Erfahrungen, von denen andere profitieren können.

Wenn man sich stabilisiert hat, kann man das Team der ehren-amtlichen Mitarbeiter verstärken und so aktiv den Verein gestalten.

Unser Tun blieb nicht unbemerkt und so wurden uns über die Jahre hinweg mehrere Preise verliehen.

2012 die Auszeichnung von Phineo „ Empfohlene Qualität im Themenfeld Depression.

Der Inklusionspreis 2019 des Bezirks Unterfrankens.

Und schließlich letztes Jahr der Bürgerpreis des Bayerischen Landtags.

Wir sind eine wundervolle Gemeinschaft, die beinahe schon eine Familie ist.

Jeder und Jede trägt mit seinem Einsatz zum Wohlergehen des Vereins und jedes einzelnen Mitglieds bei.

Ich danke allen Mitgliedern, Gruppenbesuchern, allen Ehren-amtlichen Mitarbeitern, Verwaltungsräten, Schirmherren, Politikern, Kooperationspartnern, Harald, Dagmar und besonders meinen Vorstandskollegen Franz Rieder und Manfred Fuchs.

Vielen Dank an alle, die dazu beigetragen haben, dass unser Verein seit 40 Jahren existiert.

So lassen Sie uns heute zusammen feiern, dass es uns gibt und dass sich Menschen bei uns stabilisieren und entwickeln können.

Vielen Dank!